Überblick über geschlechtsspezifische Besonderheiten
Da Männer rund drei Viertel und damit den Großteil der Suchthilfeklientel ausmachen, beziehen sich viele der dargestellten Ergebnisse vorwiegend auf männliche Klienten. Im folgenden Abschnitt sollen ein Überblick über geschlechtsspezifische Besonderheiten gegeben und insbesondere Merkmale der männlichen Klientel in Sachsen noch einmal zusammengefasst dargestellt werden. Damit wird der in Kapitel Gesundheit gelegte Schwerpunkt auf Männer vervollständigt.
Wie in Deutschland waren in Sachsen Männer in der ambulanten Suchthilfe deutlich häufiger vertreten als Frauen (mehr als 70%). Dies zeigt sich über alle Hauptdiagnosen hinweg. Insbesondere bei den Hauptdiagnosen Alkohol (2015: 76%) und Cannabinoide (2015: 79%) war der Anteil an Männern überdurchschnittlich hoch (Männeranteil im Jahr 2015 insgesamt: 73%). Bei den Hauptdiagnosen Opioide (2015: 67%) und Stimulanzien (2015: 66%) lag der Männeranteil etwas niedriger. Dieses Muster ist über die Jahre relativ stabil gewesen. Der höchste Anteil an Männern in ambulanter Betreuung fand sich in den Landkreisen Nordsachsen, Meißen und Bautzen, der geringste in der Stadt Chemnitz. Von 2008 bis 2015 ist der Anteil an Männern in der ambulanten Suchthilfe in Sachsen von 79 auf 73 Prozent gesunken. Gleichfalls zeigte sich, entgegen dem stark abnehmenden Frauenanteil in der sächsischen Allgemeinbevölkerung, in der Suchthilfe in allen Landkreisen eine Zunahme der weiblichen Klientel. Dies ist auf den sprunghaften Anstieg der Fallzahl der Hauptdiagnose Stimulanzien zurückzuführen, die einzige Hauptdiagnose, bei der Frauen 2015 deutlich häufiger Hilfe suchten als Männer (Anteil an allen Hauptdiagnosen bei Frauen: 31%; bei Männern: 22%). Der vergleichsweise hohe Frauenanteil ist möglicherweise der Grund, warum in Sachsen 2015 Männer tendenziell etwas häufiger als Bezugsperson, beispielsweise als Partner, vorstellig wurden als in Deutschland (Sachsen: 34%; Deutschland: 23%). Der Landkreis Meißen war die einzige Region, in der mehr Männer als Frauen von der Hauptdiagnose Stimulanzien betroffen waren.
Auch in der stationären Versorgung in Sachsen machten Suchtdiagnosen bei Männern einen deutlich höheren Anteil an allen Diagnosen aus als bei Frauen. Dies ist vor dem Hintergrund der insgesamt höheren Prävalenzen von suchtbezogenen Störungen bei Männern gut nachvollziehbar.
Im Hinblick auf die Lebenssituation zeigt sich in der Klientel der ambulanten Suchthilfe, dass im Jahr 2015 Männer in Sachsen, wie auch in Deutschland, etwas häufiger alleinstehend waren (50% bis 55%) und deutlich seltener mit Kindern gemeinsam in einem Haushalt lebten (5% bis 20%) als Frauen (40% bis 44% alleinstehend beziehungsweise 20% bis 50% mit Kindern in einem Haushalt). Männer (37%) waren etwas häufiger erwerbstätig als Frauen (31%), der Anteil an Arbeitslosen war bei Männern und Frauen gleich hoch (46%). Es sind im zeitlichen Verlauf zwischen 2008 und 2015 keine Unterschiede zu beobachten gewesen.
Männer in der ambulanten Suchthilfe berichteten ein etwas geringeres durchschnittliches Alter bei Erstkonsum (2015: 15,5 Jahre) als Frauen (2015: 16,9 Jahre). Dieses Muster zeigte sich in allen sächsischen Landkreisen und Kreisfreien Städten. Männer wurden häufiger durch den Sozialdienst von Justizvollzugsanstalten oder vom Maßregelvollzug in die Suchthilfe vermittelt (2015: 6%), der Anteil für Sachsen lag dabei über dem Anteil für Deutschland und hat über die letzten Jahre zugenommen. Der Anteil an Erstbehandelten unter den betreuten Männern war mit knapp 50 Prozent (2015) vergleichbar hoch wie der der Frauen. Der höchste Anteil an Erstbehandelten fand sich in den Städten Dresden, Leipzig und dem Landkreis Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge, der niedrigste im Landkreis Görlitz.
Männer wiesen eine etwas kürzere durchschnittliche Betreuungsdauer auf (2015: 290 Tage) als Frauen und nahmen im Mittel pro Betreuungsepisode 15 Kontakte in Anspruch, was vergleichbar ist mit der Anzahl an Betreuungskontakten bei den Frauen (16 Kontakte). Besonders lange durchschnittliche Betreuungszeiten lagen bei Männern im Vogtlandkreis und in den Landkreisen Nordsachsen und Leipzig vor. Kürzere Betreuungszeiten fanden sich in den Städten Chemnitz und Dresden sowie dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Etwa die Hälfte der Männer und Frauen beendete die Betreuung planmäßig. Ein hoher Anteil planmäßiger Beendigungen war bei betreuten Männern im Erzgebirgskreis und in den Landkreisen Meißen, Nordsachsen sowie der Stadt Chemnitz zu beobachten. Der geringste Anteil fand sich bei Männern im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Bezüglich des Behandlungsergebnisses waren Männer in allen Landkreisen und Kreisfreien Städten (einzige Ausnahme: Stadt Leipzig) etwas seltener erfolgreich als Frauen. Etwa 56 Prozent der Männer wiesen nach Betreuungsende eine Verbesserung ihrer substanzbezogenen Problematik auf. Der höchste Anteil an erfolgreich beurteilten Betreuungen fand sich bei Männern in der Stadt Dresden, im Vogtlandkreis, im Erzgebirgskreis sowie den Landkreisen Zwickau und Mittelsachsen. Männer wurden nach Betreuungsende seltener weitervermittelt als Frauen. Ausnahmen waren im Jahr 2015 die Stadt Leipzig, der Vogtlandkreis sowie die Landkreise Nordsachsen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.
Eine weitere Besonderheit der männlichen Klientel ergab sich in Bezug auf Rauschmitteldelikte. Männer stellten eine besondere Risikogruppe dar. Der Anteil der Rauschmitteldelikte an allen Straftaten ist von 2009 bis 2014 auf etwa 8 Prozent gestiegen und war bei Männern mit 9 Prozent deutlich höher als bei Frauen mit 5 Prozent (2015; 2009: Männer 6%, Frauen 3%, gesamt 6%).
Insgesamt zeigt sich, dass Männer mit substanzbezogenen Störungen in der sächsischen Suchthilfe weitgehend mit der männlichen Klientel in Deutschland vergleichbar waren. Eine Besonderheit stellte der enorme Anstieg des Anteiles der Hauptdiagnose Stimulanzien in Sachsen dar, der sich in einer Verschiebung der Geschlechterverteilung bemerkbar macht.