Geburten in Sachsen
Die Zahl der Lebendgeborenen in Sachsen ist nach einem Einbruch Anfang der 1990er Jahre wieder deutlich angestiegen. 2015 wurden 36.466 Kinder geboren. Das sind 531 mehr als im Vorjahr, aber immer noch 27 Prozent weniger als im Jahr 1990 (Abbildung 4-33).
Geburtenindikatoren
Die Zahl der Lebendgeborenen hängt maßgeblich von der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter ab.45 Wie Abbildung 4-33 zeigt, ist die Zahl der Frauen im Alter von 15 bis unter 50 Jahren in Sachsen stark rückläufig gewesen. 2015 waren es 31 Prozent weniger als noch 1990.
Da der Bevölkerungsrückgang bei den Frauen größer war als bei den Männern (Kapitel Bevölkerungsentwicklung), ist der Anteil der Frauen an der Bevölkerung gesunken. Abbildung 4-34 zeigt die Entwicklung des Frauenanteiles in der Bevölkerung nach ausgewählten Altersklassen. In der Altersklasse der 36- bis unter 50-Jährigen sank der Anteil der Frauen von 50 Prozent im Jahr 1990 auf 47,2 Prozent im Jahr 2015. Bei den 26- bis unter 36-Jährigen ist er von 49,2 Prozent im Jahr 1990 auf 46,3 Prozent im Jahr 2005 gesunken. Danach ist er zunächst auf 47,1 Prozent im Jahr 2013 angestiegen und seitdem wieder leicht gesunken. 2015 lag er bei 46,8 Prozent. Mit 47,4 Prozent war er bei den 15- bis unter 26-Jährigen etwas höher. Bei der für die Geburten wichtigen Altersklasse der 26- bis unter 36-Jährigen variierte der Frauenanteil 2015 auf Kreisebene zwischen knapp 45 Prozent in Chemnitz und 48 Prozent in der Kreisfreien Stadt Leipzig. Abbildung 4-33 zeigt, dass die Zahl der Frauen dieses Alters in Sachsen bereits seit 2008 wieder gestiegen ist. Sowohl die Zahl der 26- bis unter 36-Jährigen als auch die der 15- bis unter 50-Jährigen insgesamt, lagen 2015 jedoch noch deutlich unter dem Niveau von 1990. Folglich konnte auch die Zahl der Geburten nicht das Niveau von 1990 erreichen. Anders sieht es bei der Geburtenrate aus (Kapitel Demografie). Diese ist prozentual stärker angestiegen als die Zahl der Lebendgeborenen. 2015 fiel sie mit 1,59 Kindern je Frau sogar 6 Prozent höher aus als 1990. Damit hatte Sachsen zuletzt im Bundesvergleich die höchste Geburtenrate.
Auf Ebene der Kreisfreien Städte und Landkreise stellt sich die Entwicklung der Geburtenindikatoren unterschiedlich dar (Abbildung 4-35). Die Zahl der Frauen im Alter von 26 bis unter 36 Jahren war 2015 nur in den Kreisfreien Städten höher als noch 2005. In der Kreisfreien Stadt Leipzig gab es 52 Prozent mehr Frauen in dieser Altersgruppe, in Dresden 30 Prozent und in Chemnitz 27 Prozent. In den Städten gab es auch den größten Zuwachs an Lebendgeborenen. In den Landkreisen lag die Zahl der Frauen im Alter von 26 bis unter 36 Jahren 2015 durchweg unter dem Niveau von 2005. Nur vier von zehn Landkreisen konnten 2015 mehr Lebendgeborene verbuchen als 2005. Die zusammengefasste Geburtenziffer hat sich jedoch in allen Gebieten positiv entwickelt.
Alter der Mutter
Wie in ganz Deutschland ist auch in Sachsen ein Trend zu späterer Geburt zu beobachten (Abbildung 4-36). So bekamen die 20- bis 25-Jährigen in Sachsen 2015 seltener Kinder als 2005, die 29- bis 40-Jährigen deutlich mehr. 29-Jährige bekamen 2015 am häufigsten Kinder: Von eintausend 29-Jährigen sind in diesem Jahr 116 Mutter geworden. 46
In Westdeutschland begann das Alter der Mütter bei der ersten Geburt schon seit den 1970er Jahren zu steigen, in Ostdeutschland erst ab der Wende (Goldstein et al., 2010). Als Gründe werden längere Ausbildungszeiten und für die Frauen in Ostdeutschland Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt sowie der Wegfall der Familienförderung der ehemaligen DDR nach der Wende genannt.47 Seitdem hat eine Angleichung stattgefunden. Allerdings sind die Mütter bei der Geburt in Sachsen nach wie vor etwas jünger als der Bundesdurchschnitt. Von den Lebendgeborenen 2015 waren fast 70 Prozent der Mütter im Alter von 26 bis unter 36 Jahren. Das Durchschnittsalter der Frauen bei Geburt ihrer Kinder betrug in Sachsen 2015 30,5 Jahre (Deutschland: 31,0 Jahre), bei Erstgeburten 28,9 Jahre (Deutschland: 29,6 Jahre). Innerhalb Sachsens variierte das durchschnittliche Alter der Mutter bei der Geburt 2015 zwischen 30,1 Jahren in den Landkreisen Görlitz und Zwickau sowie in Chemnitz und 31,1 Jahren in Dresden. Bei den Erstgeburten sind die Mütter mit durchschnittlich 27,9 Jahren im Landkreis Görlitz am jüngsten und mit 29,5 Jahren in den Kreisfreien Städten Dresden und Leipzig am ältesten gewesen.
Kohortenfertilität und Kinderlosigkeit
Der Rückgang der Geburten war also zum einen auf die sinkende Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter zurückzuführen, zum anderen darauf, dass die Frauen weniger Kinder bekommen haben. Allerdings wurden die Geburten zum Teil nur im Lebensverlauf nach hinten verschoben, wie die Entwicklung der Altersstruktur der Mütter nahelegt. Aussagekräftiger ist daher die endgültige Kinderzahl nach Geburtsjahrgängen. Allerdings kann man diese Kohortenfertilität nur für die Frauen ausweisen, die sich nicht mehr im »reproduktiven« Alter befinden. Für die Frauen, die im Jahr 2016 von 45 bis 49 Jahre alt waren (also die Jahrgänge 1967 bis 1971) wurde im Mikrozensus für Sachsen eine durchschnittliche Kinderzahl von 1,8 Kindern je Mutter berechnet.49 In den neuen Bundesländern lag die durchschnittliche Geburtenzahl dieses Jahrganges mit 1,7 bis 1,8 unter der der westdeutschen Länder mit 1,9 bis 2,1 Kindern je Mutter. Dafür ist die Kinderlosigkeit in Ostdeutschland (mit der Ausnahme von Berlin) deutlich niedriger als in Westdeutschland. In Sachsen lag sie bei den zwischen 1967 und 1971 geborenen Frauen 2016 bei nur 11 Prozent. In Westdeutschland war hingegen jede fünfte Frau dieses Jahrganges kinderlos.
Nichteheliche Kinder
Die Geburt eines Kindes ist in Ostdeutschland deutlich seltener mit einer Ehe verbunden als in Westdeutschland. So waren 2015 die Eltern von rund 59 Prozent der Lebendgeborenen in Sachsen nicht verheiratet. Innerhalb Sachsens war der Anteil der nicht ehelichen Geburten im Landkreis Nordsachsen mit 63 Prozent am höchsten, im Erzgebirgskreis mit 52 Prozent am niedrigsten.
Gemäß dem Statistischen Bundesamt waren in Deutschland insgesamt nur bei 35 Prozent der Lebendgeborenen die Eltern unverheiratet. Als Grund für den hohen Anteil nicht ehelicher Geburten in Ostdeutschland wird zum einen der geringe Anteil an Katholiken genannt, zum anderen die familienpolitischen Maßnahmen der DDR (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2012, S.18; Goldstein et al., 2010, S.15).50
Beides führte zu einer hohen gesellschaftlichen Akzeptanz nicht ehelicher Geburten, die bis heute Bestand hat.
Fußnoten
45 Hier wird entweder die Altersspanne 15 bis unter 45 Jahre oder 15 bis unter 50 Jahre verwendet. Laut Statistischem Bundesamt ist in der Geburtenstatistik für die Abgrenzung des gebärfähigen Alters derzeit die Altersspanne zwischen 15 und unter 50 Jahren üblich. In dem Alter darunter und darüber werden nur sehr wenige Frauen Mutter. Quelle: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/Geburten/Glossar/GebaerfaehigesAlter.html (Abruf am 10.10.2018)
46 Ohne Berücksichtigung von Mehrlingsgeburten.
47 Statistisches Bundesamt, 2012: Geburten in Deutschland, Ausgabe 2012. Wiesbaden.
48 Geburtsjahrmethode.
49 Statistisches Bundesamt (Destatis), 2017: Kinderlosigkeit, Geburten und Familien: Ergebnisse des Mikrozensus.
Im Mikrozensus 2012 wurde für die Frauen dieses Alters (also die Jahrgänge 1963 bis 1967) für Sachsen eine durchschnittliche Kinderzahl von 1,9 Kindern je Mutter berechnet.
50 So wurde Mitte der 1970er-Jahre das sogenannte »Babyjahr« eingeführt, dass von unverheirateten Frauen bereits nach der Geburt des ersten Kindes in Anspruch genommen werden konnte, von verheirateten Frauen hingegen erst mit der Geburt des zweiten Kindes. Zwar wurde die Regelung 1986 auf alle Mütter ausgeweitet, dies führte aber nicht zu einer Senkung der Nichtehelichenquote (Kreyenfeld und Konietzka, 2010).