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Krankheiten des Kreislaufsystems

Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren die häufigste Todesursache in der sächsischen Gesamtbe­völkerung (Abbildung 6‑3) und in der Altersgruppe ab 65 Jahren (Abbildung 6‑78). Im Jahr 2015 sind 8.940 Männer und 13.700 Frauen im Alter ab 65 Jahren an Herz-Kreislauf-Erkran­kungen gestorben. Die Mortalitätsraten dieser Altersgruppe zeigten geschlechts­spezifische Un­terschiede auf und lagen bei Männern und bei Frauen gleichbleibend über dem Bundesdurch­schnitt (Abbildung 6‑80). Die altersstandardisierte Mortalitätsrate ist von 2005 auf 2015 bei Männern und Frauen um 23,3 beziehungsweise 25,0 Prozent zurückgegangen, was auf eine verbesserte medizinische Versorgung einerseits und Reduzierung von Risikofaktoren andererseits zurück­zuführen ist (Heuschmann et al., 2011). Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren auch die häufigste Krankenhausdiagnose bei älteren Menschen (Tabelle 6‑6).

Abbildung 6-80: Gestorbene infolge von Krankheiten des Kreislaufsystems (I00-I99) in Sachsen und Deutschland, im Alter ab 65 Jahren, nach Geschlecht, altersstandardisiert je 100.000 Einwohner

Die Grafik zeigt die bereits beschriebene Entwicklung Gestorbener infolge von Krankheiten des Kreislaufsystems von 2003 bis 2015.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Todesursachsenstatistik,
eigene Darstellung Prognos AG

In der Hauptgruppe der Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbirgt sich eine Vielzahl vonUntergrup­pen, von denen die im höheren Alter am häufigsten auftretenden die Hypertonie (I10-I15), ischämische Herzkrankheiten (ICD-10: I20-I25) und zerebrovaskuläre Krankheiten (I60-I69) sind. Hypertonie oder auch Hochdruckkrankheit gilt als Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall, ist aber auch eine eigenständige Erkrankung, an der im Jahr 2015 rund 1.190 Männer (4,5% aller Gestorbenen) und 2.760 Frauen (10,7%) im höherem Alter verstorben sind (Abbildung 6‑81). Die essentielle Hypertonie (I10), auch als primäre Hypertonie bezeichnet, ist die häufigste Form von Bluthochdruck. Die essentielle Hypertonie ist nicht die Folge einer Grunderkrankung, sondern wird zumeist von Lebensstilfaktoren und genetischer Prädisposition hervorgerufen. Sie war 2011 mit 44,7 Prozent aller Fälle der häufigste Beratungsanlass in allgemeinärztlichen Praxen in Sachsen (Abbildung 6‑11).

Auffällig ist der starke Anstieg von Gestorbenen infolge von Hypertonie (Bluthochdruck), der deutlich über dem Bundesdurchschnitt lag (Abbildung 6‑81), sich aber mit der Gesamtentwicklung in den neuen Bundesländern deckte. Die Ursachen dafür sind allerdings noch unbekannt. Krankhausdiagnosen aufgrund von Hypertonie sind dagegen in Sachsen seit 2012 rückläufig (Abbildung 6‑83).

Abbildung 6-81: Gestorbene infolge von Hypertonie (I10-I15) in Sachsen und Deutschland, im Alter ab 65 Jahren, nach Geschlecht, altersstandardisiert je 100.000 Einwohner

Todesfälle infolge von Hypertonie sind in Sachsen und den neuen Bundesländern häufiger als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Die Anzahl ist in Sachsen und den neuen Ländern von 2003 bis 2015 stärker gestiegen als im gesamtdeutschen Durchschnitt.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Todesursachenstatistik, Krankenhausstatistik,
eigene Darstellung Prognos AG

Abbildung 6-82: Krankenhausdiagnosen aufgrund von Hypertonie (I10-I15) in Sachsen, im Alter ab 65 Jahren, nach Geschlecht, je 100.000 Einwohner

Krankenhausdiagnosen aufgrund von Hypertonie schwankten von 2003 bis 2015 bei Männern und Frauen stark. Im Jahr 2015 lag die Anzahl der Diagnosen bei Frauen bei 1.300 Fällen, bei Männern bei 600 Fällen je 100.000 Einwohner.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Todesursachenstatistik, Krankenhausstatistik,
eigene Darstellung Prognos AG

Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen zeigen regionale Unterschiede in der Inanspruchnahme ambulanter Versorgung infolge von Bluthochdruck (Abbildung 6-83). Die Daten bieten keine Grundlage für die Darstellung der Prävalenz von Bluthochdruck in Sachsen, da es sich dabei um die Summe von Patientendiagnosen bei ambulanten Ärzten aller Quartale des Jahres 2015 handelt. Folglich sind Mehrfachzählungen von Patienten möglich, die in mehreren Quartalen ambulante Versorgung infolge derselben Diagnose in Anspruch genommen haben. Die Daten erlaubten aber einen Eindruck davon, in welchen Landkreisen und Kreisfreien Städten Bluthochdruck bei niedergelassenen Ärzten eine besonders bedeutende Rolle spielte. In den Landkreisen Nordsachsen, Bautzen und Görlitz war Bluthochdruck am häufigsten Behandlungsanlass bei niedergelassenen Ärzten, während Hypertonie in den Kreisfreien Städten, insbesondere in Dresden, seltener Behandlungsanlass war. Ein Teil dieser Unterschiede dürfte auf die unterschiedliche Altersstruktur in den Regionen zurückgehen. Die Bevölkerung der Kreisfreien Städte ist beispielsweise im Durchschnitt deutlich jünger als die Bevölkerung in den Landkreisen162. Weitere regionale Disparitäten könnten auf Unterschiede in Versorgungsstrukturen oder der tatsächlichen Krankheitslast zurückgehen. Der mögliche Einfluss der sozialen Lage auf die Gesundheit in den Regionen wird im Kapitel Soziale Lage und Gesundheit eingehender beschrieben.

Abbildung 6-83: Behandlungsanlass Hypertonie (I10-I15) in der ambulanten Versorgung in Sachsen insgesamt und in den Landkreisen und Kreisfreien Städten, je 100.000 Einwohner, 2015

Die Grafik zeigt die beschriebenen regionalen Unterschiede.

Ambulante Diagnose: Zahl der Patienten mit der Diagnose Hypertonie (I10-I15) in der ambulanten Versorgung Sachsens. Behand­lungsanlässe eines Patienten innerhalb eines Quartales werden zusammengefasst. Mehrfachzählungen können je Patient bei Arzt­kontakten in unterschiedlichen Quartalen eines Jahres auftreten. Eine Übersichtskarte mit den Namen der Landkreise und Kreisfreien Städte ist in Teil I zu finden.
Quelle: Kassenärztliche Vereinigung Sachsen,
eigene Darstellung Prognos AG. Kartengrundlage: © GeoBasis-DE / BKG 2015

Ischämische Herzkrankheiten

Ischämische Herzkrankheiten (I20-I25), zu denen unter anderem der Herzinfarkt gehört, machten 2015 bei älteren Männern 45,8 und bei älteren Frauen 35,6 Prozent aller Gestorbenen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus. Bei der ischämischen Herzkrankheit, die auch koronare Herz­krankheit genannt wird, kommt es zu einer Minderversorgung der Herzmuskulatur, häufig ausgelöst durch Arteriosklerose (»Arterienverkalkung«). Zu der Gruppe der ischämischen Herzkrankheiten zählt der akute Myokard- oder Herzinfarkt (I21). Er war die Einzeldiagnose mit der höchsten Mortalitätsrate bei älteren Menschen. Im Jahr 2015 verstarben daran in dieser Altersgruppe 1.453 Männer (7,1% aller männlichen Gestorbenen) und 1.428 Frauen (5,5%).

Ischämische Herzkrankheiten waren ebenfalls eine häufige Krankenhausdiagnose bei älteren Menschen. Die rohe, also nicht altersstandardisierte Rate je 100.000 Einwohner, bei Männern (2.549,2) übertraf hierbei die der Frauen (1.072,8) um mehr als das Doppelte. Auch im ambu­lanten Bereich (allgemeinärztliche Praxen) waren chronische ischämische Herzkrankheiten, das bedeutet eine ältere, wiederkehrend ablaufende Durchblutungsstörung des Herzens, mit 10,7 Prozent aller Behandlungsfälle die fünfthäufigste Diagnose in Sachsen (Abbildung 6‑11). Ischämische Herzkrankheiten betreffen nicht nur Menschen im höheren Alter. Obwohl sie im Alter von 35 bis unter 65 Jahren als vermeidbar gelten, sind 2015 672 Männer (66,3 altersstandardisiert je 100.000 Einwohner) und 137 Frauen (13,1 altersstandardisiert je 100.000 Einwohner) in diesem Alter an ischämischen Herzkrankheiten verstorben.

Zerebrovaskuläre Krankheiten

Zerebrovaskuläre Krankheiten, inklusive Schlaganfall (I64), machten 2015 bei älteren Männern 15,7 Prozent und Frauen 17,6 Prozent aller Krankheiten des Kreislaufsystems aus. Bei dieser Form von Erkrankung kommt es zumeist durch atherosklerotische Blockade oder Verengung zu einer Minderversorgung der Gehirnzellen. Frauen verstarben an dieser Krankheitsgruppe häufi­ger als Männer (407,9 gegenüber 325,2 Todesfälle je 100.000 Einwohner). Von 2005 auf 2015 ist die Anzahl der Todesfälle je 100.000 Einwohner bei Männern um 24,4 und bei Frauen um 31,1 Prozent – wie schon bei den anderen Krankheiten des Kreislaufsystems außer Hypertonie – zurückgegangen. Ein deutlicher Rückgang zeigt sich auch in den altersstandardisierten Ster­beraten seit 2003 (Abbildung 6‑84), wobei Sachsen über dem bundesweiten Durchschnitt liegt, sich diesem aber kontinuierlich annähert. Verringert hat sich zudem der Abstand zwischen weiblicher und männlicher Sterberate in Sachsen infolge von zerebrovaskulären Krankheiten. Der Rückgang kann dadurch erklärt werden, dass es durch effektive Prävention zu weniger neuen Fällen dieser Erkrankung kam oder die Sterblichkeit durch eine bessere Versor­gung oder abnehmende Fallschwere zurückging (RKI, 2015).

Abbildung 6-84: Gestorbene infolge von zerebrovaskulären Krankheiten (I60-I69) in Sachsen und Deutschland, im Alter ab 65 Jahren, nach Geschlecht, altersstandardisiert je 100.000 Einwohner

Die Abbildung stellt die beschriebene Entwicklung der Todesfälle infolge von zerebrovaskulären Krankheiten von 2003 bis 2015 dar.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Todesursachenstatistik,
eigene Darstellung Prognos AG

Hohes Alter ist ein Risikofaktor für Schlaganfall. Von den 312 Männern und 601 Frauen, die 2015 in Sachsen infolge eines Schlaganfalles verstarben, waren 76,0 beziehungsweise 93,5 Prozent mindestens 75 Jahre und älter. Palm et al. (2010) schätzen, dass beinahe jeder vierte Schlaganfall in Deutschland tödlich verläuft. Sofortige medizinische Behandlung ist daher entscheidend für die Überlebenschance bei einem Schlaganfall.

Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Rauchen, Adipositas, Hypertonie (Bluthochdruck), der zu hohe Verzehr gesättigter Fettsäuren und cholesterinreicher Nahrung wie Fleisch, Eier- und Milchprodukte sowie Diabetes und Bewe­gungsmangel gelten als Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darüber hinaus wer­den Depression, sozioökonomischer Status, psychosoziale Belastung und mangelnde soziale Unterstützung als weitere Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen diskutiert (RKI, 2014).

Präventionsmaßnahmen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten einerseits auf Bevölkerungs­ebene durchgeführt werden, um allgemein einen gesunden Lebenswandel zu fördern, und auf individueller Ebene bei Gruppen mit erhöhtem Risiko (Piepoli et al., 2016). In diesem Zusam­menhang haben beispielsweise der gesellschaftliche Trend und die gesetz­geberische Förde­rung des Nichtraucherschutzes beziehungsweise der Tabakprävention stark zum Rückgang von Mortalität und Morbidität infolge von Herz-Kreislauf-Krankheiten beigetragen (siehe auch Primärprävention von Krebserkrankungen im Kapitel Krebs im mittleren Alter).

Dennoch ist nach wie vor das Risiko, während der gesamten Lebenszeit an Herz-Kreislauf-Krankheiten zu erkranken, höher als für alle anderen Krankheiten. Die sechste Joint Task Force of the European Society of Cardiology schätzt, dass bei Beseitigung riskanten Gesundheitsver­haltens (insbesondere Rauchen, schlechte Ernährung und Bewegungsmangel) die Vermeidung von min­destens 80 Prozent aller kardiovaskulären Krankheiten möglich wäre (Piepoli et al., 2016). Auch andere Studien zeigen, dass die Reduzierung der Risikofaktoren wie Adipositas, Rauchen, Blut­hochdruck und Diabetes das Lebenszeitrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich sen­ken (Lloyd-Jones et al., 2006).

Die Hypertonie ist sowohl als Erkrankung selbst als auch als Risikofaktor für Folgeerkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt von hoher Bedeutung. Sie kann zu großem Anteil durch primärpräventive, insbesondere nicht-medikamentöse Maßnahmen verhindert werden. Bei übergewichtigen Probanden gilt die Gewichtsabnahme als die effektivste Maßnahme (Wolfram, 2000). Auch eine Reduktion des Alkoholkonsums hilft, den Blutdruck zu stabilisieren. Epidemio­logische Studien verweisen weiterhin auf die blutdruckstabilisierende beziehungs­weise senkende Wirkung erhöhter körperlicher Aktivität bei der Hypertonie-Prävention (Fagard, 2006; Niederseer und Niebauer, 2010).

 

Fußnoten

162 In der Analyse wurde eine signifikante Korrelation zwischen Bevölkerungsalter der Landkreise und Kreisfreien Städte und ambulanter Behandlungszahlen aufgrund von Hypertonie festgestellt (Korrelationskoeffizient: 0,67; p-Wert: 0,01).

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