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Werdende Mütter und Drogenkonsum

Hinsichtlich der Problemlagen werdender Mütter im Zusammenhang mit dem Konsum psycho­troper Substanzen wurden die stationären Behandlungsfälle mit den folgenden Diagnosen nach ICD-10 herangezogen: O35.5 (Betreuung der Mutter bei [Verdacht auf] Schädigung des Fötus durch Arzneimittel oder Drogen), P04.4 (Schädigung des Fötus und Neugeborenen durch Einnahme von abhängigkeitserzeugenden Arzneimitteln oder Drogen durch die Mutter), P96.1 (Entzugssymptome beim Neugeborenen bei Einnahme von abhängigkeitserzeugenden Arzneimitteln oder Drogen durch die Mutter). Auch wenn bei diesen Diagnoseschlüsseln nicht zwischen verschiedenen Substanzen unterschieden wird, könnten die Fallzahlen in stationärer Behandlung zumindest zum Teil den überproportional hohen Anteil an Konsumentinnen von Stimulanzien widerspiegeln, der sich auch in den allgemeinen Behandlungszahlen zeigt.

Insgesamt kamen diese Diagnosen häufiger als Nebendiagnosen vor und weniger häufig als Hauptdiagnosen. Die Fallzahlen der Betreuung der Mutter sind ab 2010 von etwa 15 Fällen bis zu einem Höchststand von 65 Fällen in den Jahren 2013 und 2014 gestiegen (Abbildung 8‑53 zeigt eine zusammenfassende Übersicht der Entwicklung von Haupt- und Nebendiagnosen). Die Fallzahlen von Entzugssymptomen bei Neugeborenen (P96.1) entwickelten sich etwa gleichläufig. Von 34 Fällen im Jahr 2009 gab es einen Anstieg auf 78 Fälle im Jahr 2012 bis hin zu einem Spitzenwert von 83 Fällen im Jahr 2014. Für beide Diagnosen, Betreuung der Mutter wie auch Entzugssymptome bei Neugeborenen, waren die Fallzahlen in den letzten Jahren relativ stabil. Hingegen ist die Fallzahl der Schädigung des Fötus und Neugeborenen (P04.4) um fast das Fünffache gestiegen (von 29 Fällen im Jahr 2006 auf 162 Fälle im Jahr 2015).

Die Zunahme von P04.4-Diagnosen mag mit einer erhöhten Prävalenz des Stimulanzienkonsums unter Frauen in Sachsen zusammenhängen, die sich in einer erhöhten Inanspruchnahme der ambulanten Suchthilfe durch diese Frauen niederschlägt. Trotz zunehmender Sensibilität für substanzbedingte Schädigungen des Neugeborenen ist bei Schädigungen des Fötus durch Arzneimittel oder Drogen als Folge des Drogenkonsums der werdenden Mutter von einer hohen Rate unerkannter Fälle auszugehen – vergleichbar mit der hohen Dunkelziffer fetaler Alkohol­embryopathie (FAS; Landgraf et al., 2013). Landgraf und Kollegen geben dafür Gründe an, die sich auf Drogen konsumierende Mütter übertragen lassen. Die Erfassung des Drogenkonsums der Mutter ist erfahrungsgemäß schwierig. Da sich die Diagnose häufig auf die Angaben der Mütter über Drogenkonsum oder Abstinenz während der Schwangerschaft stützen, liegt in erster Linie eine »Verzerrung wegen sozialer Erwünschtheit« vor. Zudem werden viele Mütter während der Schwangerschaft von den betreuenden Ärzten oder Hebammen, aus Angst vor Vertrauens­verlust und Beziehungsabbruch, nicht nach ihrem Drogenkonsum gefragt.

Abbildung 8-53: Stationäre Fallzahlen mit Hauptdiagnose oder Nebendiagnose O35.5, P04.4 oder P96.1, Sachsen, 2006 bis 2015

Die Abbildung bildet die Entwicklung der Fallzahlen mit Haupt/Nebendiagnose bei einem Verdacht auf mögliche Schädigung, einer gesicherten Schädigung beziehungsweise bestehenden Entzugssymptomen bei Neugeborenen von 2006 bis 2015 ab und wird im Text erklärt.

Diagnosen nach ICD-10, O35.5: Betreuung der Mutter bei (Verdacht auf) Schädigung des Fötus durch Arzneimittel oder Drogen, P04.4: Schädigung des Fötus und Neugeborenen durch Einnahme von abhängigkeitserzeugenden Arzneimitteln oder Drogen durch die Mutter, P96.1: Entzugssymptome beim Neugeborenen bei Einnahme von abhängigkeitserzeugenden Arzneimitteln oder Drogen durch die Mutter.
Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Kamenz, 2017, DRG-Statistik,
eigene Darstellung IFT

Im regionalen Vergleich liegen nur Informationen zu den entsprechenden Hauptdiagnosen vor (Abbildung 8‑54). Hierbei ergaben sich die stärksten Anstiege des Vorliegens einer der genannten Diagnosen in der Stadt Dresden (Anstieg von fünf Fällen in 2010 auf 46 Fälle in 2015) und der Stadt Leipzig (bereits 18 Fälle in 2010, 25 Fälle in 2015). In den Daten zur Inanspruchnahme von Suchthilfeangeboten zeigte sich keine derartig massive Zentrierung auf diese beiden Städte. Es ist nicht davon auszugehen, dass ausschließlich dort die Problemlage der Drogen konsumierenden werdenden Mütter besteht, sondern dass vielmehr in den dort ansässigen Kliniken entsprechende Spezialangebote vorgehalten werden und entsprechend in diese Kliniken vermittelt wird. Dies könnte eine größere Sensibilität für die Thematik sowie ein differenzierteres Fortbildungsangebot und damit auch entsprechende Angebote betreffen.

Abbildung 8-54: Stationäre Fallzahlen mit einer der Hauptdiagnosen O35.5, P04.4 oder P96.1, in Sachsens Landkreisen und Kreisfreien Städten, 2010, 2012 und 2015

Die stationären Fallzahlen mit einer dieser Hauptdiagnosen waren wie im Text beschrieben in den Kreisfreien Städten Dresden und Leipzig besonders hoch, in allen anderen Landkreisen liegt die Fallzahl unter 6 bis unter 3 Fällen.

* Die Fallzahl ist teilweise größer Null, aber als Null ausgewiesen. Grund: Weniger als drei Fälle dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht landkreisbezogen veröffentlicht werden. Diagnosen nach ICD-10, O35.5: Betreuung der Mutter bei (Verdacht auf) Schädigung des Fötus durch Arzneimittel oder Drogen, P04.4: Schädigung des Fötus und Neugeborenen durch Einnahme von abhängigkeitserzeugenden Arzneimitteln oder Drogen durch die Mutter, P96.1: Entzugssymptome beim Neugeborenen bei Einnahme von abhängigkeitserzeugenden Arzneimitteln oder Drogen durch die Mutter.
Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Kamenz, 2017, DRG-Statistik,
eigene Darstellung IFT

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