Straftaten in Zusammenhang mit psychotropen Substanzen
Bei erstauffälligen Konsumenten harter Drogen zeichnete sich in Sachsen seit dem Jahr 2005 eine Zunahme ab (von 18 Fällen je 100.000 Einwohner im Jahr 2005 auf etwa 26 im Jahr 2015; Abbildung 8‑55). Demnach lag Sachsen im Vergleich der Bundesländer im mittleren Bereich. In absoluten Fällen entsprach dies einem Anstieg von 762 auf 1.069 Personen. Während in Deutschland relativ stabile Anteile zu beobachten waren, zeigten sich Zunahmen auch in Bayern, Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Auf relativ hohem Niveau waren in Rheinland-Pfalz und Thüringen (51 beziehungsweise 42 Fälle je 100.000 Einwohner in 2015) Rückgänge zu verzeichnen. Bei dieser Kennzahl sind Trends nicht unbedingt als eine Zu- oder Abnahme der tatsächlichen Erstkonsumentenzahlen zu interpretieren. Die Zahl bezieht sich auf »auffällige«, das heißt polizeilich erfasste Konsumenten. Insofern spiegeln diese Trends immer auch Bemühungen und Vorgaben der Strafverfolgungsbehörden wider.
Die Betrachtung des Anteiles der Rauschmitteldelikte an allen Straftaten ergab einen Anstieg von 5 Prozent im Jahr 2009 bis 8 Prozent im Jahr 2015. Der Trendverlauf beider Geschlechter war gleichläufig (Abbildung 8‑56). Der Anteil an Rauschmitteldelikten an allen Straftaten war bei Männern deutlich höher als bei Frauen (2015: 9% gegenüber 5%). Sehr auffällig war der hohe Anteil an Rauschmitteldelikten in der Gruppe der 14- bis unter 18-Jährigen (2015: 11%) und der 18- bis unter 21-Jährigen (2015: 11%).
Im Verhältnis zur Bevölkerung war die Anzahl der Rauschgiftdelikte nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) je 100.000 Einwohner relativ gering. Im regionalen Vergleich war die höchste Dichte an Rauschgiftdelikten in der Stadt Chemnitz zu beobachten, die mit etwa 376 Fällen je 100.000 Einwohner relativ stabil war (Abbildung 8‑57). In der Stadt Dresden, wo sich die Anzahl der Delikte je 100.000 Einwohner von 165 im Jahr 2005 auf 366 im Jahr 2015 mehr als verdoppelt hat, lag ebenfalls ein vergleichsweise hoher Wert vor. Auf etwas niedrigerem Niveau zeigte sich in den vergangenen Jahren eine Zunahme im Erzgebirgskreis, im Vogtlandkreis sowie in den Landkreisen Görlitz auf das Eineinhalbfache und Mittelsachsen auf das Zweieinhalbfache des Ausgangswertes.
Die Anzahl der Rauschgiftdelikte nach Gemeindegrößen zeigt, dass Rauschgiftdelikte in Sachsen in mittelgroßen Städten und Gemeinden (100.000 bis 500.000 Einwohner) häufiger vorkamen als in kleineren Gemeinden (weniger als 100.000 Einwohner) oder Großstädten (mehr als 500.000 Einwohner; Abbildung 8‑58). Zu beachten ist, dass die Stadt Chemnitz in die Kategorie 100.000 bis unter 500.000 Einwohner fällt und die Städte Dresden und Leipzig in die Kategorie über 500.000 Einwohner.
Im Folgenden werden Rauschgiftdelikte in Zusammenhang mit Cannabis und Methamphetamin in kristalliner Form (»Crystal Meth«) herausgegriffen und die Entwicklung ihrer Fallzahlen vertiefend dargestellt. Die Anzahl an Verstößen nach § 29 BtMG in Zusammenhang mit Cannabis zeigt einen u-förmigen Verlauf mit einem Tiefpunkt im Jahr 2009. Die Anzahl im Jahr 2015 war nur unwesentlich geringer als der Ausgangswert im Jahr 2005. Der Anteil der cannabisbezogenen Delikte an allen erfassten Straftaten variierte zwischen 1,0 und 1,3 Prozent (Abbildung 8‑59). Trenddaten zur Prävalenz des Cannabiskonsums auf der Grundlage von Bevölkerungsbefragungen zeigen bei Erwachsenen in Sachsen in der Altersgruppe 18 bis 59 Jahre zwischen 1995 und 2015 eine generell zunehmende Tendenz (Piontek et al., 2017). Bei Männern hat die Prävalenz von 2,7 auf 8,2 Prozent zugenommen, bei den Frauen von 0,2 auf 3,7 Prozent. Geht man von einem positiven Zusammenhang zwischen Konsumprävalenz und Delikten aus, weicht der Verlauf der Rauschgiftdelikte vom Verlauf der Konsumprävalenz deutlich ab. Die beschriebene Schwankung der absoluten Zahl an Cannabis-Delikten wäre daher weniger als eine Abnahme mit anschließender Zunahme der Konsumprävalenz und damit auch dem Marktgeschehen zu interpretieren, sondern dürfte Ausdruck eines allgemeinen Trends der Aufdeckung von Straftaten sein beispielsweise verursacht durch Schwankungen des zur Verfügung stehenden Personals und anderer Ressourcen, das heißt Änderungen im Verfolgungsdruck.
Für Crystal Meth hat sich im Jahr 2013 die Erfassungssystematik geändert. Bis dahin wurde in der Erfassung nicht zwischen Methamphetaminen und seinen Derivaten in Pulver- und flüssiger Form unterschieden. Daher sind die Zahlen erst ab 2014 vergleichbar. Im Jahr 2015 lag die Anzahl der Delikte sachsenweit bei 6.238, 2014 wurden 6.980 Delikte erfasst. Das Vorkommen von Rauschgiftdelikten im Zusammenhang mit Crystal Meth war regional sehr unterschiedlich (Abbildung 8‑60). Die absoluten Fallzahlen im Jahr 2015 deuteten auf Brennpunkte in den Städten Chemnitz, Dresden und Leipzig hin. Auch der Erzgebirgskreis und der Landkreis Mittelsachsen wiesen als Landkreise, die Chemnitz umschließen, hohe Fallzahlen auf.
Die Anzahl der Delikte im Zusammenhang mit Methamphetamin in kristalliner Form je 100.000 Einwohner ist in Abbildung 8‑61 nach der Einwohnerzahl der Gemeinden in Sachsen ohne die Kreisfreien Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig für das Jahr 2015 dargestellt. Die Punktewolke der Delikte je 100.000 Einwohner zeigt einen schwachen Zusammenhang mit der Einwohnerzahl in den Gemeinden.
Auch wenn Crystal-Meth-Delikte demnach nicht auf die mittelgroßen und großen Städte beschränkt sind, zeigt sich doch, dass die Anzahl der Delikte je 100.000 Einwohner mit der Einwohnerzahl steigt. Die Konzentration der Delikte in den mittelgroßen und großen Städten Sachsens zeigt auch die Abbildung 8‑62.
Bei Betrachtung der Sicherstellungen von Crystal Meth wird deutlich, dass Sachsen im Vergleich zu Deutschland die höchsten Sicherstellungsmengen (2015: 15,6 kg) sowie die höchste Anzahl an Sicherstellungen (2015: 1.326) aufwies (Abbildung 8‑63). Beides ist zwischen den Jahren 2008 und 2015 stark gestiegen. Die durchschnittliche Sicherstellungsmenge je Sicherstellung in Sachsen im Jahr 2015 lag bei etwa 11,8 Gramm. Dies entspricht knapp 1.200 10-mg-Dosen beziehungsweise knapp 300 40-mg-Dosen,241 was darauf hindeutet, dass weniger Einzelkonsumenten, sondern eher Händler identifiziert wurden.
Fußnoten
241 Zur Einstufung der Dosen siehe http://drugscouts.de/de/lexikon/crystalmethamphetamin (Abruf am 17.04.2018).