Einkommens- und Vermögensverteilung – Gleichheit und Ungleichheit
Zwischen 2003 und 2013 hat das Bruttogesamtvermögen (die Summe aus Immobilienvermögen und Bruttogeldvermögen) der Haushalte in Sachsen zugenommen. 2013 verfügte jeder Haushalt im Durchschnitt über ein Bruttogesamtvermögen von über 80.000 Euro.27 Das Vermögen je Haushalt in Sachsen hat sich zwischen 2003 und 2013 dem Wert für Gesamtdeutschland etwas angenähert. Insbesondere das Immobilienvermögen der Haushalte in Sachsen hat stärker zugenommen als das in Deutschland. Trotz der Annäherung verfügte ein Haushalt in Sachsen 2013 lediglich über rund drei Viertel des Bruttogeldvermögens und rund die Hälfte des Immobilienvermögens eines Haushaltes in Deutschland (Abbildung 4-19).28
Die Einkommensungleichheit in Sachsen war 2016 weniger stark ausgeprägt als in den anderen deutschen Bundesländern. Der Gini-Koeffizient, der zur Messung der Einkommensungleichheit dient, lag 2016 in Sachsen bei einem Wert von 0,25.29 Hamburg hatte 2016 mit 0,32 den höchsten Wert, Sachsen und Thüringen den geringsten, während der Gini-Koeffizient in Deutschland insgesamt bei 0,29 lag.30
Innerhalb Sachsens sind insbesondere zwischen 2003 und 2008 die durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen der 30 Prozent (achtes Dezil bis zehntes Dezil) mit den höchsten Pro-Kopf-Einkommen etwas stärker gestiegen als die der restlichen 70 Prozent (Abbildung 4-20). Entsprechend nahm die Palma-Ratio, also die Einkommenssumme der 10 Prozent mit den höchsten Einkommen (des zehnten Dezils) in Relation zur Einkommenssumme der 40 Prozent mit den geringsten Einkommen (des ersten Dezils bis vierten Dezils) von 0,8 in 2003 auf 0,9 in 2008 zu.31
Die Vermögensverteilung hat sich zwischen 2003 und 2013 deutlich heterogener entwickelt. Das Vermögen der 10 Prozent der Bevölkerung mit dem höchsten Pro-Kopf-Vermögen (zehntes Dezil) hat von 2003 auf 2013 um rund 60 Prozent zugenommen (Abbildung 4-21). Für das zweite und dritte Dezil ist das Pro-Kopf-Vermögen zwischen 2003 und 2013 geschrumpft, während das erste Dezil sowohl 2003 als auch 2013 über kein Pro-Kopf-Vermögen verfügte. Die Palma-Ratio ist von 8,8 im Jahr 2003 auf 16,5 im Jahr 2013 gestiegen. 2003 verfügten die 10 Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Vermögen in Sachsen fast über das Neunfache der Vermögen der 40 Prozent der Bevölkerung mit den geringsten Vermögen. Im Jahr 2013 hat sich der Wert fast verdoppelt, das heißt das zehnte Dezil verfügte 2013 über das Sechzehnfache der Vermögen der untersten vier Dezile.
2013 waren 14,5 Prozent der sächsischen Bevölkerung vermögensreich, das heißt sie wiesen ein Pro-Kopf-Vermögen von über 200 Prozent des arithmetischen Mittels der Pro-Kopf-Vermögen der sächsischen Bevölkerung auf. 2008 waren es 15,4 Prozent, 2003 dagegen 15,1 Prozent. Der Anteil der einkommensreichen Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von mehr als 200 Prozent des arithmetischen Mittels der Äquivalenzeinkommen der sächsischen Bevölkerung ist von 2003 auf 2008 um fast die Hälfte gestiegen (von 2,8 auf 4,1%). 2013 waren dagegen 3,5 Prozent der Bevölkerung einkommensreich. Einkommens- und vermögensreich waren 2003 1,6 Prozent, 2009 2,2 Prozent und 2013 1,9 Prozent der Bevölkerung.32
Umgekehrt zum Anstieg der Zahl der Vermögensreichen zwischen 2003 und 2008 ist die Zahl der Vermögenslosen von 9 Prozent 2003 auf 15,7 Prozent im Jahr 2008 gestiegen.33 Dies unterstreicht die Zunahme der Vermögensungleichheit zwischen 2003 und 2008. Bis 2013 ging der Anteil der Vermögenslosen leicht auf 14,4 Prozent zurück. Vermögenslose waren dabei in allen Altersgruppen und über alle Bildungsstände hinweg vertreten. Zwar sind Personen mit einem niedrigen Bildungsabschluss am häufigsten vermögenslos − 2013 war nahezu jeder vierte der Bevölkerungsgruppe mit einem niedrigen Bildungsabschluss vermögenslos, aber auch unter den Bevölkerungsgruppen mit einem mittleren (jeder siebte) oder einem hohen Bildungsabschluss (jeder zehnte) war 2013 ein erheblicher Anteil vermögenslos.
Vermögenslosigkeit ist nicht auf Personen beschränkt, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. 2003 lag der Anteil der Vermögenslosen unter den Erwerbstätigen und den Nichterwerbstätigen jeweils bei rund 9 Prozent (Abbildung 4-22). Bis 2008 stieg der Anteil der Vermögenslosen in beiden Gruppen deutlich auf nahezu 16 Prozent an. Bis 2013 nahm die Vermögenslosigkeit ab, allerdings im Wesentlichen nur bei den Erwerbstätigen. Dies liegt wohl zumindest zum Teil an den Arbeitsmarktreformen und den damit einhergehenden strengen Regeln zur Behandlung von Vermögen.
Die Vermögenssituation der Bevölkerung in Sachsen ist eng mit der Einkommenssituation korreliert. So wiesen 2013 fast 70 Prozent der Personen des fünften Einkommensquintils ein Pro-Kopf-Vermögen von mindestens 100 Prozent des arithmetischen Mittels des Pro-Kopf-Vermögens der Bevölkerung auf (Abbildung 4-23). Im ersten Einkommensquintil waren es weniger als 10 Prozent. Zwischen 2003 und 2013 hat der Anteil der Verschuldeten (negatives Vermögen) und der Vermögenslosen (Pro-Kopf-Vermögen von weniger als 100 Euro) deutlich zugenommen. Die Zunahme zeigt sich dabei für alle Einkommensquintile. So hat der Anteil der Verschuldeten im ersten Einkommensquintil von 2003 auf 2013 um sechs Prozentpunkte zugenommen, im zweiten, dritten und vierten Einkommensquintil zwischen 3,4 und 4,5 Prozentpunkte, und im fünften Einkommensquintil um 0,4 Prozentpunkte.
Fußnoten
27 In der EVS werden Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen ab 18.000 Euro nicht berücksichtigt.
28 Der Rückgang insbesondere des Immobilienvermögens zwischen 2003 und 2008 ist durch die schwache Entwicklung der geschätzten Marktwerte selbstgenutzter Immobilien bedingt. Der starke Anstieg von Miet- und Kaufpreisen konzentrierte sich vor allem auf bestimmte Großstadtregionen wie München oder Berlin. (Grabka und Westermaier, 2015)
29 Der Gini-Koeffizient ist ein Maß der relativen Konzentration beziehungsweise Ungleichheit und kann einen Wert zwischen null und eins annehmen. Im Falle der Gleichverteilung ergibt sich für den Gini-Koeffizienten ein Wert von null und im Falle der Konzentration des gesamten Einkommens auf nur eine Person ein Wert von eins. Je höher also der Gini-Koeffizient ausfällt, desto größer ist die Ungleichverteilung.
30 Verglichen mit 2005 hat sich der Gini-Index in den Bundesländern um maximal einen Prozentpunkt verändert.
31 Die Palma-Ratio setzt die Einkommenssumme der obersten 10% der Einkommensverteilung in Relation zur Einkommenssumme der untersten 40%. Die Grundlage hierfür ist die Beobachtung, dass die obersten 10% und die am geringsten verdienenden 40% in fast allen Ländern gemeinsam über die Hälfte des Einkommensvolumens verfügen. Die Palma-Ratio zeigt, in welchem Verhältnis diese Einkommenssumme zueinandersteht. Eine Ratio von 1 zeigt, dass die oberen 10% über eine gleich hohe Einkommenssumme wie die unteren 40% verfügen, demnach das Vierfache Pro-Kopf-Einkommen hätten.
32 Die Zahl der Vermögensreichen wird anhand des Pro-Kopf-Vermögens berechnet. Personen mit einem Pro-Kopf-Vermögen von mehr als 200 Prozent der durchschnittlichen Pro-Kopf-Vermögen der Bevölkerung insgesamt gelten als vermögensreich. Von 2003 bis 2008 ist der Anteil der Vermögensreichen an der Bevölkerung deutlich gestiegen. Von 2008 auf 2013 ist der Anteil leicht gesunken, obwohl der Vermögenszuwachs der oberen Dezile überdurchschnittlich ausfiel. Grund hierfür ist, dass das arithmetische Mittel des Pro-Kopf-Vermögens ebenfalls zunimmt. Steigt das Mittel durch eine erhebliche Vermögenszunahme der sehr Reichen an, fallen manche Personen trotz einer weiteren Vermögensaufbaus aus der Gruppe der Vermögensreichen heraus.
33 Als vermögenslos gelten Personen mit einem Pro-Kopf-Vermögen von weniger als 100 Euro.