Zu- und Fortzüge
Neben der natürlichen Bevölkerungsbewegung beeinflusst die Differenz zwischen Zu- und Fortzügen (Wanderungssaldo) die demografische Entwicklung. Der Wanderungssaldo war seit der Wiedervereinigung die meiste Zeit negativ. Zwischen 1990 und 1992 haben deutlich mehr Menschen Sachsen verlassen, als eingewandert sind. Nach einer starken Abwanderung nach 1989 wies Sachsen im Zeitraum 1993 bis 1997 einen positiven Wanderungssaldo von fast 40.000 Menschen auf. Danach haben von 1998 bis 2010 netto insgesamt rund 150.000 Menschen den Freistaat verlassen, welches zu einem langjährigen negativen Bevölkerungssaldo führte. Erst seit 2011 sind bis 2015 netto wiederum mehr als 99.000 Menschen nach Sachsen eingewandert und haben zumindest 2014 und 2015 einen positiven Bevölkerungssaldo erzeugt. Im gesamten Betrachtungszeitraum (1990 bis 2015) weist der Freistaat kumuliert einen negativen Wanderungssaldo von circa 190.000 Personen auf (Abbildung 3-10). Das entspricht knapp einem Viertel des Bevölkerungsrückganges in diesem Zeitraum.
Zu beachten ist, dass Männer und Frauen in Sachsen ein unterschiedliches Wanderungsverhalten zeigten. Während im Gesamtzeitraum netto über 137.000 Frauen Sachsen verlassen haben, waren es bei den Männern weniger als 53.000! Die Wanderungsverluste zwischen 1990 und 2015 waren damit zu 72 Prozent weiblichen und nur zu 28 Prozent männlichen Personen zuzuschreiben. Die ausgeprägte Wanderungsbereitschaft der Frauen zeitigt erhebliche Folgen, da diese ihre schon geborenen beziehungsweise ungeborenen Kinder mitgenommen haben.
Auch auf Ebene der Landkreise und Kreisfreien Städte zeigen sich deutliche Differenzen. Während die Kreisfreien Städte Dresden und Leipzig zwischen 1990 und 2015 zusammen einen positiven Wanderungssaldo von mehr als 102.000 Menschen aufwiesen, haben der Erzgebirgskreis und der Landkreis Görlitz netto mehr als 117.000 Personen durch Wegzug verloren. Auch die Landkreise Bautzen, Mittelsachsen, Zwickau, Nordsachsen und Meißen sowie der Vogtland- und der Erzgebirgskreis sowie die Kreisfreie Stadt Chemnitz haben zusammen fast 190.000 Personen netto verloren. Die anliegenden Kreise um die Ballungsgebiete Leipzig (Landkreis Leipzig) und Dresden (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) waren nicht von Wanderungsverlusten betroffen.
Die Wanderungsbewegungen von Männern und Frauen haben sich dabei auf Ebene der Landkreise und Kreisfreien Städte teilweise deutlich unterschiedlich entwickelt (Abbildung 3-11). Dieses »geschlechtsspezifische« Wanderungsverhalten hat nachhaltige Folgen: In der Kreisfreien Stadt Leipzig kamen 2015 auf 100 Männer 105 Frauen im Alter von 18 bis unter 30.10 In allen anderen Regionen Sachsens kamen dagegen auf 100 Männer teilweise deutlich weniger Frauen. Besonders auffällig ist die Asymmetrie im Landkreis Mittelsachsen und in der Kreisfreien Stadt Chemnitz. Dort kamen auf 100 Männer lediglich 79 beziehungsweise 80 Frauen.
Eine Betrachtung des Wanderungssaldos Sachsens nach Zielregionen zeigt, dass der Freistaat zwischen 1990 und 2015 ein Wanderungsdefizit gegenüber dem früheren Bundesgebiet und Berlin zu verzeichnen hatte. Über 442.000 Menschen sind während dieses Zeitraumes netto aus dem Freistaat in das frühere Bundesgebiet und nach Berlin ausgewandert. Im Vergleich zur heutigen Gesamtbevölkerung entspricht dies einem Anteil von 11 Prozent. Mit über 247.000 Frauen haben netto etwa 52.000 mehr Frauen als Männer den Freistaat in Richtung früheres Bundesgebiet und Berlin verlassen.
Im Gegensatz dazu sind aus den neuen Bundesländern und dem Ausland mehr Menschen zu- als ausgewandert. Aus den neuen Bundesländern (ohne Berlin) sind etwas über 67.000 netto mehr zugewandert. Aus dem Ausland sind im Zeitraum 1990 bis 2015 netto mehr als 184.000 Menschen hinzugekommen (Abbildung 3-12).
Fußnoten
10 Wird die Bevölkerung von 18 bis unter 40 betrachtet, ergibt sich ein vergleichbares Bild.