Teilhabe am Arbeitsleben
Unter allen in Sachsen lebenden Menschen im erwerbsfähigen Alter (18 bis 64 Jahre), die anerkannte Behinderungen haben (in diese Betrachtung werden auch diejenigen einbezogen, die einen GdB von weniger als 50 haben), ist der Anteil der Erwerbstätigen in den letzten Jahren gestiegen.256 Rund 42 Prozent sind im Jahr 2013 einer Erwerbstätigkeit nachgegangen, 2005 waren es noch 35 Prozent. Damit waren im Jahr 2013 insgesamt 79.800 Personen erwerbstätig, 9.900 Personen gehörten zu den Erwerbslosen, 101.000 zu den Nichterwerbspersonen. Trotz des positiven Trends zeigt sich im Bundesvergleich, dass die Erwerbstätigkeit von Menschen mit Behinderungen in Sachsen unterdurchschnittlich ausgeprägt ist. 2013 waren deutschlandweit im Durchschnitt 50 Prozent der Menschen mit Behinderungen erwerbstätig.257
Außerdem bestätigt sich, dass Menschen mit Behinderungen nach wie vor deutlich seltener erwerbstätig sind als Menschen ohne Behinderungen und dass letztere stärker von der positiven Entwicklung der Gesamtbeschäftigung in Sachsen profitieren konnten. Der Anteil der Erwerbstätigen ist unter den Menschen ohne Behinderungen fast doppelt so hoch (2013: 79%) und auch der Anstieg der Erwerbstätigenquote (in Prozentpunkten) seit 2005 ist hier stärker als in der Vergleichsgruppe, wodurch sich die Differenz zwischen den Erwerbstätigenquoten beider Gruppen noch einmal vergrößert hat.
Unterschiede in der Arbeitsmarktbeteiligung zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen zeigen sich auch zwischen den Geschlechtern. Unter den Menschen ohne Behinderungen sind Frauen deutlich seltener erwerbstätig als Männer, unter den Menschen mit Behinderungen sind sie hingegen sogar etwas häufiger erwerbstätig (Abbildung 9-20).
Der Hauptgrund für die ungleiche Arbeitsmarktpartizipation von Menschen mit und ohne Behinderungen liegt weniger im Anteil der Erwerbslosen – er ist in der Gruppe der Menschen mit Behinderungen sogar kleiner als in der Vergleichsgruppe –, sondern in dem deutlich höheren Anteil der Nichterwerbspersonen unter den Menschen mit Behinderungen (Abbildung 9-20). Hierzu zählen Personen, die weder zu den Erwerbstätigen, noch zu den Erwerbslosen gehören, zum Beispiel jene mit voller Erwerbsminderung.258
Vertiefende Analysen für die Teilgruppe der 18- bis unter 65-Jährigen mit Schwerbehinderungen, also mit einem GdB von 50 oder höher, zeigen, dass hier die Erwerbstätigenquote 2013 mit rund 32 Prozent niedriger und auch die Entwicklung seit 2005 schwächer ausfallen als in der Gesamtgruppe aller Menschen mit Behinderungen (Abbildung 9-21). Dabei haben sich in den vergangenen Jahren die bestehenden Unterschiede zwischen dem Erwerbstätigenanteil bei Männern und Frauen mit Schwerbehinderungen verringert. 2013 sind im Gegensatz zu 2005 Männer sogar etwas häufiger erwerbstätig als Frauen.
Menschen mit Schwerbehinderungen in Sachsen sind im Vergleich zum Durchschnitt auf Bundesebene deutlich seltener erwerbstätig. In Deutschland lag die Erwerbstätigenquote für die Gruppe der 18- bis unter 65-Jährigen mit Schwerbehinderungen im Jahr 2013 bei 42 Prozent und damit 10 Prozentpunkte über der Quote in Sachsen (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2016, S. 174).
Spiegelbildlich zum leichten Anstieg der Erwerbstätigenzahl ist die Anzahl der arbeitslosen Menschen mit Schwerbehinderungen zwischen den Jahren 2005 und 2016 von 10.250 Personen auf 9.411 Personen leicht zurückgegangen (Abbildung 9-22). Ihr Anteil an allen arbeitslosen Personen in Sachsen nahm jedoch aufgrund des stärkeren Rückgangs der Arbeitslosigkeit insgesamt seit dem Jahr 2005 kontinuierlich zu und hat sich bis zum Jahr 2016 auf 6 Prozent verdoppelt.
Analog zum Gesamttrend in der Arbeitsmarktintegration verdeutlicht Abbildung 9-23, dass in Sachsen die Besetzung von Arbeitsplätzen durch Beschäftigte mit Schwerbehinderungen oder ihnen gleichgestellten Personen über alle Betriebsgrößen hinweg zugenommen hat.259 Auch wenn 2015 mit rund 36.300 Personen deutlich mehr Menschen mit Schwerbehinderungen in Betrieben mit mehr als 20 Arbeitsplätzen beschäftigt waren als in kleineren Betrieben (9.900), sind die Zuwachsraten zwischen 2005 und 2015 in beiden Betriebsgrößenklassen ähnlich hoch. Im Vergleich zum Jahr 2005 waren bei den Arbeitgebern mit weniger als 20 Arbeitsplätzen 41 Prozent mehr Menschen mit Schwerbehinderungen beschäftigt, bei den Arbeitgebern mit mehr als 20 Arbeitsplätzen rund 37 Prozent.
Nach § 154 Absatz 1 SGB IX haben private und öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 Beschäftigten auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen (Pflichtarbeitsplätze). Wird diese Vorgabe nicht erfüllt, muss eine Ausgleichsabgabe gezahlt werden.260 Abbildung 9-24 zeigt, dass anstatt der vorgegebenen Quote von 5 Prozent im Jahr 2015 nur 4,1 Prozent der Arbeitsplätze in den Betrieben mit mindestens 20 Arbeitsplätzen mit Menschen mit Schwerbehinderungen besetzt waren. Der Anteil stieg seit dem Jahr 2005 um 0,3 Prozentpunkte an, insbesondere durch den steigenden Anteil besetzter Pflichtarbeitsplätze bei öffentlichen Arbeitgebern.
256 Das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen definiert Erwerbstätige wie folgt: »Alle Personen im Alter von 15 und mehr Jahren, die in der Berichtswoche einer – auch geringfügigen und nicht zum Lebensunterhalt ausreichenden – Tätigkeit zum Zwecke des Erwerbes nachgehen, gelten als Erwerbstätige. Personen, die zwar in der Berichtswoche nicht gearbeitet haben, jedoch in einem Arbeitsverhältnis stehen, gelten ebenfalls als Erwerbstätige, wenn sie nicht länger als drei Monate von der Arbeit abwesend sind.«
257 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Sonderauswertung des Mikrozensus 2013: Erwerbsbeteiligung von Menschen mit und ohne Behinderungen im Alter von 18 bis 64 Jahren in Deutschland 2005, 2009 und 2013 nach Geschlecht.
258 »Alle Personen, die noch nicht oder nicht mehr im Erwerbsleben stehen (zum Beispiel Schulkinder, Rentner, Hausfrauen) sind Nichterwerbspersonen. Seit 2005 gelten Personen, die nicht innerhalb von zwei Wochen eine neue Tätigkeit aufnehmen können, nicht mehr als Erwerbslose, sondern als Nichterwerbspersonen. Personen unter 15 Jahren zählen grundsätzlich zu den Nichterwerbspersonen.« (Quelle: Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Sonderauswertung des Mikrozensus.)
259 Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden nach § 2 Absatz 3 SGB IX Menschen mit Behinderungen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.
260 https://www.integrationsaemter.de/Fachlexikon/Ausgleichsabgabe/77c350i1p/index.html (Abruf am 12.04.2018).