Soziodemografische und störungsbezogene Merkmale
Soziodemografische Merkmale
Die Suchthilfeklientel losgelöst von der Allgemeinbevölkerung zu betrachten hieße zu vernachlässigen, dass sich Entwicklungen in der Allgemeinbevölkerung auch in dem Personenkreis derer, die Suchthilfe in Anspruch nehmen, niederschlagen können. Daher werden in diesem Kapitel zu Parametern, die sowohl für die Suchthilfeklientel als auch die Allgemeinbevölkerung in relativ vergleichbarer Weise vorliegen, Bezüge hergestellt. Dies sind Arbeitslosigkeit, Partnersituation und Kinder.
Hinsichtlich der Partnerschaftsverhältnisse der Klientel waren zwischen Deutschland und Sachsen, auch im Verlauf der Jahre von 2008 bis 2015, keine wesentlichen Unterschiede festzustellen (Abbildung 8‑31). Als Indikator für die soziale Eingebundenheit kann der Anteil der Alleinstehenden betrachtet werden. Alleinstehend ist im Kerndatensatz zur Dokumentation in der Suchthilfe (DHS, 2010) zu kodieren, wenn der Klient angibt, keinen Partner zu haben. Dies entspricht nicht der Definition im Mikrozensus, nach der als alleinstehend eine erwachsene Person bezeichnet wird, die ohne feste soziale Bindung an eine Partnerin oder einen Partner sowie ohne minderjährige Kinder im Haushalt lebt (Alleinstehende in Einpersonenhaushalten).
Insgesamt war etwa die Hälfte der in der sächsischen ambulanten Suchthilfe betreuten Personen alleinstehend. Dies ist vergleichbar mit der ambulanten Suchthilfe in Deutschland. Ein weiterer großer Teil befand sich in festen Beziehungen und nur ein geringer Anteil (zwischen 5% und 7%) in zeitweiligen Beziehungen. In der ambulanten Suchthilfe sowohl in Sachsen als auch in Deutschland waren Männer (zwischen 50% und 55%) etwas häufiger alleinstehend als Frauen (zwischen 40% und 44%), während Frauen häufiger in zeitweiligen Beziehungen lebten als Männer. Diese Unterschiede im Beziehungsstatus sind zum einen im Hinblick auf die Entstehung der substanzbezogenen Störung als auch im Hinblick auf die Behandlungsprognose (familiäre Einbindung, soziale Unterstützung, aber auch mögliche partnerschaftliche Konflikte) von Bedeutung. Zwischen den sächsischen Regionen ließen sich keine auffälligen Unterschiede feststellen. Sowohl in Sachsen als auch in den meisten Regionen zeigte sich über die Jahre ein leichter Anstieg an alleinstehenden Klienten.
Trotz der nicht deckungsgleichen Definitionen soziodemografischer Merkmale in der Suchthilfestatistik und den demografischen Standards des Mikrozensus, ist ein Vergleich der Suchthilfeklientel mit der Allgemeinbevölkerung aufschlussreich. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung war die Klientel in der Suchthilfe häufiger alleinstehend. In der deutschen beziehungsweise sächsischen Allgemeinbevölkerung lag der Anteil über die Jahre zwischen 21 und 24 Prozent.
Die Anzahl der Kinder (unter 18 Jahren), die mit einer Klientin oder einem Klienten im Haushalt leben, kann Aufschluss darüber geben, in welchem Ausmaß Kinder und Jugendliche als Angehörige von Suchtproblemen betroffen sind. Der Anteil an betreuten Personen, die mit mindestens einem Kind gemeinsam in einem Haushalt lebten, war in den Jahren 2008 bis 2015 in Sachsen vergleichbar hoch wie in Deutschland (15 bis 20%). Der Großteil der betreuten Personen (80%) lebte ohne Kinder (sowohl in Sachsen als auch in Gesamtdeutschland). Deutlich mehr Frauen (20 bis 50%) als Männer (5 bis 20%) lebten gemeinsam mit Kindern in einem Haushalt. Dies ist vor dem Hintergrund des vergleichsweisen hohen Anteiles an Frauen mit der Hauptdiagnose Stimulanzien beachtenswert. Während der Anteil an Personen ohne Kinder in Sachsen und Gesamtfeutschland über die Jahre relativ konstant war, zeigten sich regional stärkere Schwankungen (Abbildung 8‑32). Der geringste Anteil an betreuten Personen mit Kindern fand sich im betrachteten Zeitraum in den Städten Dresden und Leipzig sowie dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Am häufigsten mit Kindern lebten betreute Personen in den Landkreisen Leipzig, Görlitz, Bautzen und Meißen. Insgesamt zeigte sich für die Jahre von 2008 bis 2015, dass in Großstädten betreute Personen eher seltener gemeinsam mit Kindern lebten als in ländlicheren Gebieten.
Betrachtet man die betreuten Personen mit Kindern unter 18 Jahren im gemeinsamen Haushalt, lebten sie im Jahr 2015 im Durchschnitt mit 1,8 Kindern zusammen.236 Dies ist vergleichbar mit Deutschland (1,7 Kinder).
Im Hinblick auf die Geburtenzahlen in Sachsen gibt es nach Jahren eines kontinuierlichen Rückgangs, unter anderem bedingt durch den Wegzug junger Frauen im gebärfähigen Alter (siehe Demografie), seit 2010 wieder mehr Familien mit minderjährigen Kindern. Obwohl Sachsen mit 1,59 Kindern je Frau im Jahr 2015 im Bundesvergleich die höchste Geburtenrate aufwies, lebten in 82 Prozent der Haushalte keine minderjährigen Kinder. Das Bild bei der Suchthilfeklientel ist ein sehr ähnliches. Nur etwa ein Fünftel lebte gemeinsam mit einem Kind (unter 18 Jahren) in einem Haushalt, Frauen (20 bis 50%) deutlich häufiger als Männer (5 bis 20%). Im Durchschnitt hatten in der Suchthilfe betreute Personen 1,5 Kinder. Regional zeigten sich stärkere Schwankungen: Insbesondere in den Landkreisen Görlitz, Leipzig und Bautzen betreute Personen lebten mit der höchsten Anzahl an Kindern zusammen.
In der ambulanten Suchthilfe fand sich der geringste Anteil an betreuten Personen mit Kindern in den »Familien-Boom-Städten« Dresden und Leipzig sowie im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Es zeigte sich jedoch auch in den Städten Dresden und Leipzig seit dem Jahr 2008 eine Zunahme an betreuten Personen, die mit Kindern in einem Haushalt lebten. Auch in der Allgemeinbevölkerung zeigte sich tendenziell ein stärkerer Zuwachs an Familien in den Städten. Die Entwicklung hin zu mehr Kindern und einer Wanderung der Familien vom Land in die Stadt zeigte sich also gleichermaßen in der Suchthilfeklientel und der Allgemeinbevölkerung.
Der überwiegende Anteil der Klienten wohnte selbstständig, das heißt zur Miete oder in Wohneigentum. Mit etwa 75 Prozent im Jahr 2015 (leichte Abnahme von 77% im Jahr 2008) lag der Anteil in Sachsen insgesamt leicht über dem in Deutschland (2008: 72%; 2015: 71%). Hinsichtlich des selbstständigen Wohnens zeigten sich regionale Schwankungen. Geringer waren die Anteile vor allem in den Kreisfreien Städten Chemnitz und Leipzig.
Wenn auch insgesamt gering, waren die Anteile an Klienten in prekärer Wohnsituation (ohne Wohnung oder in Notunterkünften) ein deutlicher Ausdruck von geringer Teilhabe(-fähigkeit; Abbildung 8‑33). Hier lagen teilweise relativ starke regionale Schwankungen vor, wobei zu beachten ist, dass aufgrund der insgesamt kleinen Fallzahlen auch geringfügige Änderungen sehr stark ins Gewicht fallen können. So waren die Anteile mit etwa 2 Prozent zwar eher gering, jedoch in Regionen wie Dresden und dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit 4 Prozent deutlich höher als im Durchschnitt (2015). Vor dem Hintergrund des generell relativ hohen Wohnungsleerstandes in den sächsischen Landkreisen können diese Zahlen widerspiegeln, dass es einen bestimmten Personenkreis gibt, der in besonders hohem Maße und in vielen Lebensbereichen durch eine Suchterkrankung eingeschränkt ist. Über die Zeit waren Veränderungen zu beobachten. So ist in der Stadt Leipzig der Anteil an Klientinnen und Klienten in prekärer Wohnsituation von fast 6 Prozent im Jahr 2008 auf etwa 2 Prozent im Jahr 2015 gesunken, ebenso war im Landkreis Meißen ein Rückgang zu verzeichnen.
Erwerbssituation
Generell wies die Klientel der ambulanten Suchthilfe bundesweit im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eher einen niedrigeren Bildungsstand auf (mehr Hauptschulabschlüsse oder keinen Abschluss; Abbildung 8‑34). Im Vergleich zu Deutschland wies die sächsische Suchthilfeklientel jedoch insgesamt einen höheren Bildungsstand auf.
Der Anteil an mittleren Schulabschlüssen war in Sachsen deutlich höher als in Deutschland (2015: 51% in Sachsen beziehungsweise 31% in Deutschland). Die entsprechenden Anteile in der Allgemeinbevölkerung lagen bei 49 Prozent (Sachsen) beziehungsweise 30 Prozent (Deutschland; Statistisches Bundesamt, 2018). Der Anteil an Personen mit Hochschulreife lag im Jahr 2015 in Deutschland bei 30 Prozent, in Sachsen bei 26 Prozent. In Deutschland und in Sachsen waren bei der Klientel der Suchthilfe die Anteile an Personen mit Hochschulreife niedriger als in der jeweiligen Allgemeinbevölkerung, (2015: 9% in Sachsen beziehungsweise 13% in Deutschland). Dieser Befund ist über die Jahre (2008 bis 2015) recht stabil gewesen.
Als Ausdruck einer gravierenden Teilhabebeschränkung kann der Anteil der Personen ohne Schulabschluss in der ambulanten Suchthilfe herangezogen werden. Dieser ist in Sachsen von 2008 bis 2015 auf Bundesniveau (etwa 8%) gestiegen. Der größte Anteil von Personen ohne Schulabschluss fand sich mit 18 Prozent im Landkreis Nordsachsen (Abbildung 8‑35). Im Zeitverlauf am stärksten gestiegen ist der Anteil von Personen ohne Schulabschluss in Stadt und Landkreis Leipzig, der Stadt Dresden sowie den Landkreisen Meißen und Mittelsachsen (auf das Doppelte bis über das Dreifache des Ausgangswertes).
Analog zur Veränderung in der Schulbildung gab es in Sachsen im Vergleich zu Deutschland über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg einen höheren Anteil an Klienten mit abgeschlossener Ausbildung (2015: Sachsen 60%; Deutschland 53%) und entsprechend einen geringeren Anteil ohne abgeschlossene Ausbildung (Abbildung 8‑36). Gleichzeitig ist allerdings der Anteil der Klienten ohne abgeschlossene Ausbildung in Sachsen zwischen 2008 und 2015 von etwa 21 Prozent auf 26 Prozent gestiegen, während er in Deutschland stabil geblieben ist.
Im regionalen Vergleich lagen im Jahr 2015 nur in der Stadt Chemnitz (33%) und in den Landkreisen Nordsachsen (40%) und Meißen (31%) die Anteile der Klienten ohne abgeschlossene Ausbildung etwa auf oder über dem Bundesdurchschnitt von 33 Prozent (Abbildung 8‑37). Allerdings sind, mit wenigen Ausnahmen (Erzgebirgekreis und Vogtlandkreis sowie Stadt Dresden), die Anteile der Klienten ohne Ausbildungsabschluss in allen Landkreisen und Kreisfreien Städten zwischen 2008 und 2015 zum Teil sehr stark gestiegen.
Im Jahr 2015 lag der Anteil der arbeitslosen Klientel (Bezug ALG I oder ALG II) in Sachsen mit etwa 47 Prozent höher als in Deutschland mit etwa 38 Prozent (Abbildung 8‑38). Der Anteil der Arbeitslosen in der Suchthilfe nahm ab. Auch für Deutschland war eine Abnahme des Anteiles Arbeitsloser in der Suchthilfe zu beobachten. Weiterführende Analysen nach Hauptdiagnosen zeigen, dass der Rückgang des Anteiles Arbeitsloser in der sächsischen Suchthilfeklientel hauptsächlich auf einen Rückgang des Anteiles an Personen mit Bezug von ALG II bei der Hauptdiagnose Alkohol zurückzuführen ist (2008: 47%; 2015: 38%).
Im regionalen Vergleich wies der Landkreis Nordsachsen zu jedem Beobachtungszeitpunkt den geringsten Anteil Arbeitsloser auf (Abbildung 8‑39). In Nordsachsen sind auch auffällige Befunde in Hinblick auf die vergleichsweisen hohen Anteile ohne Schulabschluss beziehungsweise ohne abgeschlossene Ausbildung der Klientel in der Suchthilfe zu beobachten, wofür keine Erklärung naheliegend ist.
Die Arbeitslosenquoten in der Allgemeinbevölkerung betrugen im Jahr 2015 in Sachsen 8,2 Prozent (2008: 12,8%) und in Deutschland 6,4 Prozent (2008: 7,8%). Der Anstieg der Erwerbstätigkeit in der sächsischen Allgemeinbevölkerung in den letzten Jahren in allen Landkreisen und Kreisfreien Städten zeigte sich auch in der Suchthilfe in einem Anstieg des Anteiles Erwerbstätiger und zugleich einer Abnahme des Arbeitslosenanteiles.
Während in Sachsen etwa die Hälfte des Beschäftigungszuwachses alleine durch eine Zunahme in den Kreisfreien Städten Dresden und Leipzig zu erklären ist, war hier andererseits auch der höchste Anteil an Arbeitslosen zu finden. In Leipzig zeigte sich der hohe Anteil an Arbeitslosen auch unter der Suchthilfeklientel (2015: 51%), während in Dresden nur ein vergleichsweiser geringer Anteil der Suchthilfeklienten arbeitslos war (2015: 42%). Neben der Stadt Leipzig waren die höchsten Arbeitslosenanteile unter der Suchthilfeklientel in den Landkreisen Zwickau, Görlitz und Leipzig zu finden, gefolgt vom Erzgebirgskreis und dem Landkreis Bautzen. Die geringsten Arbeitslosenquoten unter der Suchthilfeklientel fanden sich im Vogtlandkreis und in den Landkreisen Nordsachsen, Meißen sowie der Stadt Chemnitz, wobei der geringste Anteil an Arbeitslosen im Landkreis Nordsachsen (2015: 27%) vorlag.
Diese regionalen Unterschiede entsprechen in etwa den Unterschieden in den Arbeitslosenquoten in der Allgemeinbevölkerung (siehe Erwerbstätigkeit und Einkommen, Familien und Unterstützungsleistungen des Freistaates Sachsen). Auch hier waren der Erzgebirgskreis sowie die Landkreise Görlitz und Bautzen am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen. Der Vogtlandkreis und die Landkreise Nordsachsen, Meißen sowie die Stadt Chemnitz wiesen dagegen die geringsten Arbeitslosenzahlen auf. Ein umgekehrtes Bild zeigte sich lediglich im Landkreis Leipzig. Während hier der Arbeitslosenanteil in der Allgemeinbevölkerung vergleichsweise niedrig war, war die Suchthilfeklientel am stärksten von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Ursachen dafür sind unbekannt. Der stärkste Rückgang des Arbeitslosenanteiles im Erzgebirgskreis und in den Landkreisen Zwickau und Meißen spiegelte sich auch in der Suchthilfe wider, während die Abnahme im Vogtlandkreis und in den Landkreisen Mittelsachsen, Bautzen, Görlitz und der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge unter der Suchthilfeklientel weniger stark ausgeprägt war.
Substanzbezogene Komorbiditäten
Als Maß der Belastung durch substanzbezogene Komorbidität wurde ein Index berechnet, indem die jeweiligen Anteile der dokumentierten Zusatzdiagnosen addiert wurden. Da mehr als eine Zusatzdiagnose möglich ist, ist der Maximalwert größer als eins. Gemäß diesem Index wurden in Sachsen weniger Zusatzdiagnosen vergeben als in Deutschland (Abbildung 8‑40). Es stellt sich die Frage, ob diese tatsächlich seltener vorkamen oder ob sie in geringerem Ausmaß diagnostiziert und/oder dokumentiert wurden. Für Letzteres spricht, dass eine tabakbezogene Störung in Sachsen in deutlich geringerem Ausmaß als Zusatzdiagnose angegeben wurde als in Deutschland, es aber keine Hinweise auf eine geringere Prävalenz gibt (Piontek et al., 2017). Vor dem Hintergrund, dass von den teilnehmenden Einrichtungen in Sachsen durchgängig eine strukturierte Eingangsdiagnostik angegeben wurde237 und damit substanzbezogene Störungen relativ vollständig erfasst sein sollten, ist dieser Befund nicht erklärbar.
Bei dem beschriebenen Niveauunterschied der dokumentierten Zusatzdiagnosen zeigt sich in Sachsen wie in Deutschland ein Unterschied zwischen legalen und illegalen Drogen: Die Hauptdiagnosen Cannabinoide, Stimulanzien und Opioide waren diejenigen, bei denen die meisten Zusatzdiagnosen dokumentiert wurden. Bei der Hauptdiagnose Alkohol wurden nur relativ wenige Zusatzdiagnosen (am häufigsten Tabak) dokumentiert. Auffällig ist, dass in Sachsen der Belastungsindex durch Zusatzdiagnosen für die Hauptdiagnosen Cannabinoide, Stimulanzien und Opioide (mit Ausnahme des Jahres 2008) in etwa gleich hoch war, wohingegen er in Deutschland bei Personen mit opioidbezogenen Störungen am höchsten war. Die Gründe dafür sind unbekannt.
In den Jahren 2008 bis 2015 hat sich vor allem bei der Hauptdiagnose Stimulanzien eine Veränderung dahingehend ergeben, dass deutlich weniger Zusatzdiagnosen dokumentiert wurden. Dieser Trend war in Sachsen und in Deutschland zu beobachten und ist dem Rückgang der Zusatzdiagnosen Cannabinoide (Deutschland 11, Sachsen 15 Prozentpunkte), Kokain (Deutschland und Sachsen 11 Prozentpunkte) sowie Alkohol (Deutschland 7, Sachsen 8 Prozentpunkte) zuzuschreiben. Offenbar haben sich die Stimulanzienkonsumenten in Hinblick auf ihren zusätzlichen Konsum verändert.
Bei Betrachtung nicht des Belastungsindex, sondern der jeweils dokumentierten Zusatzdiagnosen, stellten Alkohol und Cannabinoide die häufigsten Zusatzdiagnosen dar. In Sachsen wurden andere Stimulanzien (unter anderem Crystal Meth) zudem wesentlich häufiger als Zusatzdiagnose dokumentiert als in Deutschland; hier waren dies zumeist Amphetamine. Das vervollständigt das Bild, dass Crystal Meth in Sachsen in der »Drogengesellschaft« angekommen ist.
Alter bei Erstkonsum
In Sachsen gab die Klientel ein niedrigeres durchschnittliches Alter bei Erstkonsum (2015: 15,9 Jahre) an als in Deutschland (2015: 17,3 Jahre; Abbildung 8‑41). Sowohl in Sachsen als auch in Deutschland ist seit 2008 ein leicht steigender Trend zu beobachten. Zwischen den häufigsten Hauptdiagnosen zeigen sich dabei deutliche Unterschiede. Sowohl in Sachsen als auch in Deutschland war das durchschnittliche Alter bei Erstkonsum durchgängig am höchsten bei der Hauptdiagnose Opioide. Es lag in Sachsen im Jahr 2015 bei 19,2 Jahren (Gesamtdeutschland: 21,4 Jahre). Das durchschnittliche Alter bei Erstkonsum von Stimulanzien lag sowohl in Sachsen als auch in Deutschland bei 18,8 Jahren (2015), was in Sachsen auf ein im Vergleich zu anderen Substanzen eher höheres Einstiegsalter hindeutet. Bei der häufigsten Hauptdiagnose Alkohol war das Alter bei Erstkonsum mit 14,6 Jahren (2015) in Sachsen am niedrigsten und hat sich im Beobachtungszeitraum im Gegensatz zum Gesamttrend kaum verändert (2008 und 2012: 14,8 Jahre). In Deutschland lag das Alter bei Erstkonsum bei der Hauptdiagnose Alkohol bei 16,2 Jahren (2015) und damit um 1,6 Jahre höher als in Sachsen; seit 2008 (15,6 Jahre) ist es leicht gestiegen.
Männer in der ambulanten Suchthilfe berichteten ein etwas geringeres Alter bei Erstkonsum als Frauen (im Jahr 2015 in Sachsen 15,5 gegenüber 16,9 Jahren, in Deutschland 17,1 gegenüber 17,9 Jahren). Dieses Muster zeigte sich auch im Vergleich aller sächsischen Landkreise und Kreisfreien Städte. Insgesamt fielen im regionalen Vergleich einige Schwankungen auf. So lag das Alter bei Erstkonsum über alle Hauptdiagnosen hinweg im Jahr 2015 im Erzgebirgskreis und Vogtlandkreis sowie in den Landkreisen Bautzen, Nordsachsen sowie der Stadt Leipzig niedriger als im Durchschnitt in Sachsen. In der Stadt Chemnitz sowie den Landkreisen Mittelsachsen, Zwickau, Görlitz und Leipzig wurde im Vergleich zum Durchschnitt in Sachsen ein höheres durchschnittliches Alter bei Erstkonsum angegeben. Allerdings ist zu beachten, dass in einigen Landkreisen und Kreisfreien Städten hierzu keine Informationen vorliegen.
Fußnoten
236 DSHS, 2008, 2012, 2015, Tabelle 2.06 Kinder im Haushalt (unter 18 Jahren) nach Hauptdiagnose und Geschlecht.
237 DSHS, 2008, 2012, 2015, Tabelle Einrichtungsdaten (E15).