Förderschulbesuch und Einzelintegration
In Sachsen besuchen Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf bisher größtenteils eine Förderschule. Mit der Abschaffung der Förderschulpflicht nach § 30 Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (SchulG) erhalten sie ab dem 1. August 2018 das Recht, zusammen mit ihren Eltern zu entscheiden, welche Schulform sie besuchen wollen, sodass hier Veränderungen zu erwarten sind.
Im Bundesvergleich zeigt sich, dass in Sachsen vergleichsweise viele Schüler eine Förderschule besuchen. Mit 6 Prozent beobachtet man hier im Jahr 2014 die dritthöchste Förderschulbesuchsquote (nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt). Der Bundesdurchschnitt lag 2014 bei 4,6 Prozent.255 Insgesamt weisen die östlichen Bundesländer (einschließlich Berlin) mit 5,1 Prozent im Vergleich zu den westlichen mit 3,9 Prozent eine durchschnittlich höhere Förderschulbesuchsquote auf.
Nicht alle Schüler mit Förderbedarf werden an Förderschulen beschult. Ein wachsender Anteil besucht im Rahmen der Einzelintegration eine allgemeinbildende Schule. Seit dem Schuljahr 2006/2007 ist die Förderschulbesuchsquote in Sachsen dementsprechend kontinuierlich von 6,9 Prozent auf 5,7 Prozent (Schuljahr 2015/2016) gesunken. Im Gegensatz dazu stieg die Besuchsquote der Einzelintegration im gleichen Zeitraum um 1,7 Prozentpunkte auf 2,6 Prozent (Abbildung 9-16).
Der Trend hin zur inklusiven Beschulung und die prozentual abnehmende Bedeutung der Förderschulen spiegeln sich auch in Abbildung 9-17 wider, in der nach unterschiedlichen Schulformen differenziert wird. So ist der Anteil der Schüler mit Förderbedarf, die an Förderschulen unterrichtet werden, im Zeitraum der Schuljahre 2005/2006 bis 2015/2016 um 22 Prozentpunkte gesunken. In diesem Zeitraum nahm der Anteil der Schüler mit Förderbedarf an Grundschulen um 10 Prozentpunkte und an Mittel-/Oberschulen um 9 Prozentpunkte zu. Vergleichsweise geringe Veränderungen können an Gymnasien beobachtet werden.
In Tabelle 9-4 sind die Anzahl sowie die prozentuale Verteilung der Schüler nach Art des sonderpädagogischen Förderbedarfs sowie der Beschulung gegenübergestellt. Die meisten Schüler haben demnach einen Förderbedarf im Bereich des Lernens. Häufige Förderbedarfe liegen auch im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung, der geistigen Entwicklung sowie der Sprache vor.
Auffallend sind zum einen die deutlichen Differenzen bei den Förderschwerpunkten zwischen den Beschulungsarten: Besonders hoch ist die Differenz im Bereich Lernen. Schüler mit diesem Förderbedarf werden fast ausschließlich in Förderschulen unterrichtet (11.114 Personen). Auch Schüler mit Förderbedarfen im Bereich der geistigen Entwicklung werden deutlich häufiger in Förderschulen beschult. Dagegen wird den Förderbedarfen in den Bereichen der emotionalen und sozialen Entwicklung, der körperlichen und motorischen Entwicklung sowie der Sprache häufiger inklusiv an Regelschulen begegnet.
Zum anderen werden auch geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Förderschwerpunkten deutlich. Bei Jungen werden häufiger Förderbedarfe im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung diagnostiziert. Beispielsweise hat unter den Schülern mit Förderbedarf an Regelschulen jeder zweite hier einen Förderbedarf, unter den Mädchen ist es nur jede Vierte bis Fünfte. Unter den Mädchen mit Förderbedarf sind dafür deutlich häufiger Förderbedarfe im Bereich des Lernens (10,2% gegenüber 5,6% bei den Jungen) zu finden. Erheblich höher ist auch der Anteil der Mädchen mit den Förderschwerpunkten im Bereich der Sprache sowie der körperlichen und der motorischen Entwicklung unter allen Mädchen mit Förderbedarf, die an einer Regelschule beschult werden, gegenüber den Jungen.
Auffallend ist darüber hinaus, dass (unabhängig von der Beschulungsart) Jungen in allen Förderbereichen häufiger vertreten sind als Mädchen.
Förderschwerpunkt | männlich | weiblich | insgesamt | |||
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Anteil | Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | Anzahl | |
Lernen | 55,1% | 6.484 | 66,4% | 4.630 | 59,3% | 11.114 |
Sehen | 0,8% | 97 | 0,9% | 63 | 0,9% | 160 |
Hören | 1,9% | 220 | 1,6% | 109 | 1,8% | 329 |
Sprache | 7,1% | 837 | 5,2% | 363 | 6,4% | 1.200 |
körperliche und motorische Entwicklung | 2,8% | 327 | 2,8% | 197 | 2,8% | 524 |
geistige Entwicklung | 21,3% | 2.504 | 21,1% | 1.474 | 21,2% | 3.978 |
emotionale und soziale Entwicklung | 11,1% | 1.306 | 1,9% | 134 | 7,7% | 1.440 |
Förderschwerpunkt | männlich | weiblich | insgesamt | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Anteil | Anzahl | Anteil | Anzahl | Anteil | Anzahl | |
Lernen | 5,6% | 351 | 10,2% | 253 | 6,9% | 604 |
Sehen | 1,3% | 83 | 2,4% | 59 | 1,6% | 142 |
Hören | 4,7% | 295 | 8,6% | 213 | 5,8% | 508 |
Sprache | 26,8% | 1.667 | 33,0% | 817 | 28,5% | 2.484 |
körperliche und motorische Entwicklung | 10,5% | 656 | 21,2% | 526 | 13,6% | 1.182 |
geistige Entwicklung | 1,0% | 63 | 2,3% | 58 | 1,4% | 121 |
emotionale und soziale Entwicklung | 50,0% | 3.113 | 22,2% | 551 | 42,1% | 3.664 |
255 Siehe hierzu: Statistische Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz, 2016, S. 39.